Die Zeiten für den städtischen Haushalt sind schlecht. Die Ausgaben und Aufgaben überholen uns und trotz großer Disziplin im letzten Jahr stehen wir vor schwerwiegenden Entscheidungen für unsere Stadt und die Bürger*Innen.
Die Pandemie hat uns auch das ganze Jahr 2021 weiter beschäftigt, eingeschränkt und es ist abzusehen, dass auch 2022 weiter im Zeichen von Corona steht. Davon betroffen war auch die Arbeit von uns, den politischen Vertretern. Weite Strecken mussten wir Fraktionssitzungen digital abhalten, die Sitzungen der Ausschüsse und des Rates fanden unter strengen Hygieneauflagen statt.
Zudem fand die große „Fraktionsflucht“, „Fraktionstrennung“ statt. Zwei Fraktionen haben sich aufgelöst, zwei Ratsmitglieder sind aus ihren Fraktionen ausgetreten, ein sachkundiger Bürger hat sein Parteibuch zurückgeben, ein sachkundiger Bürger dazu noch sein Amt. Bedenkliche Entwicklungen, denn im Wahlkampf treten wir von den Parteien aufgestellt an, versehen mit dem demokratischen Auftrag, mit den gewählten Mehrheitsverhältnissen zu arbeiten und auch in den Fraktionen eine mehrheitsfähige Meinung zu bilden.
Allerdings scheint es überhaupt schwer demokratische Mehrheiten zu akzeptieren. So kann die CDU immer noch nicht damit umgehen, dass ihr Bürgermeister nicht mehr wiedergewählt wurde und nun Ralf Köpke der von den Bürgern gewählte 1. Bürger der Stadt ist. Einige Entscheidungen, Haltungen und Angriffe gegen die Verwaltung lassen das erahnen.
Bündnis 90/Die Grünen fahren die Linie 100% unsere Forderungen oder gar nicht. Das war schon beim letzten Haushalt so, als sie sich der Verantwortung entzogen und nicht mitgestimmt haben. Wer angesichts der Mehrheitsverhältnisse gestalten will, muss aus der „Schmollecke“ herauskommen, tragfähige Kompromisse schmieden und darf sich nicht verweigern. In unserer Kommune dürfen Stadtentwicklung, Soziales, Bildung und Klima keine Konkurrenten sein. Hier müssen wir mit Augenmaß und Menschenverstand gestalten und beschließen.
Wir haben so viel auf den Weg gebracht, Konzept über Konzept – ob zum Klima, zur Mobilität, zur Nachhaltigkeit – aber erkennbare Veränderungen kommen beim Bürger nicht an und vor der Verwaltung türmt sich ein Berg von Maßnahmen auf, die nicht zu abzuarbeiten sind. Hier gilt es für uns, als politische Vertreter, im nächsten Jahr Prioritäten zu setzen und gemeinsam mit der Verwaltung zu erarbeiten, was umsetzbar ist. Nicht nur „immer reden, sondern auch machen“ soll das Motto für das nächste Jahr sein.
Wir müssen viele Punkte angehen, die unseren Haushalt belasten werden – die Sanierung der JSG-Halle (bedingt durch den Wasserschaden), die Ertüchtigung der Gesamtschule, die Brandschutz-Sanierung des Rathauses, die Umlage für den ÖPNV, perspektivisch die Sicherstellung von Schwimmmöglichkeiten, Umsetzung der Mobilitätswende, die Folgenutzung Klingerhuf, endlich eine Verbesserung rund um die EMA-Straße und und und – dafür braucht die Stadt Geld.
Umso unverständlicher bleibt es für uns als SPD-Fraktion, dass CDU und Grüne mit NV Auf geht’s die Entwicklung des Neukircher Feldes verhindert haben. Mit dieser Entscheidung ist Schaden für die Stadt entstanden und wir hoffen, dass nach dem Urteil des Gerichts im Januar, hier die Vernunft siegen wird und ein Einlenken stattfindet. Denn diese Fläche zu entwickeln hätte Geld in den Haushalt gespült, das sehr gutgetan hätte. Sicher wäre auch die Entwicklung des Creative-Quartiers Anschrift auf der Süd-Fläche Niederberg schon weiter vorangekommen. Auch hier herrscht nur Stillstand. Für uns als Konsequenz aus der Verhinderung der Bebauung auf dem Neukircher Feld.
Schon lange müssen wir feststellen, dass die Finanzierung der Kommunen nicht auskömmlich ist. Das Konnexitätsprinzip – also wer bestellt, bezahlt auch – ist ausgehöhlt. Für lebendige Städte und moderne Stadtentwicklung müssen Bund und Land eine neue finanzielle Ausstattung der Kommunen anstreben, die Selbstfinanzierung funktioniert nicht mehr. Die Unterstützung von Bund und Land stellt sich bisher in Fördertöpfen dar, die immer auch einen Eigenanteil fordern und nicht jede Aufgabe abdecken – so wäre ein Neubau einer Sporthalle z. Zt. nicht förderfähig. Allein die Suche nach Fördertöpfen bindet Kapazitäten in der Verwaltung.
So ist es schmerzhaft, aber unausweichlich, dass für einen genehmigungsfähigen Haushalt und für die Zukunft von Neukirchen-Vluyn, Steuererhöhungen beschlossen werden müssen. Eine Kompensation durch Sparen ist unmöglich. Durch die seit 2014 bestehende Haushaltssicherung sind wir verpflichtet einen Haushaltsausgleich bis 2024 zu erreichen. Das ist ohne diese Erhöhung der Grundsteuer B nicht darstellbar.
Die SPD-Fraktion hat ausgiebig über diese Entscheidung diskutiert und es sich, mit dem Wissen, dass hier alle Bürger*innen belastet werden, nicht leicht gemacht zuzustimmen. Aber wenn wir in unserer Stadt noch irgendetwas gestalten wollen, ist eine Zustimmung zum Haushalt und zu der Steuererhöhung unumgänglich. Allerdings werden wir sehr genau darauf achten, wofür die Gelder der Bürger*innen verwendet werden. Unser Ziel ist es damit, die Stadt für die Zukunft weiter gut aufzustellen, modern und nachhaltig zu entwickeln und den Stillstand endlich aufzuheben. Mit dieser Entscheidung wird die Handlungsfähigkeit für Neukirchen-Vluyn eben auch über 2024 sichergestellt – Also die Steuererhöhungen sind eine Investition in die Zukunft unserer Stadt.
Wer sich hier enthält oder gar ablehnt, verwehrt sich der Verantwortung für die Bürger*innen, für Neukirchen-Vluyn. Wer sich hier enthält oder gar ablehnt, beschließt den weiteren Stillstand in unserer Stadt. Wer sich hier enthält oder gar ablehnt, verschließt sich der Aufgabe eine finanzielle Zukunft zu gestalten. Wer sich hier enthält oder gar ablehnt, gefährdet die Zuschüsse für Vereine und Verbände, denn ohne Haushalt keine Zuschüsse.